Schweizer Mehrwertsteuer (MWST) bei ausländischen Unternehmen

Ein ausländisches Unternehmen muss sich für die Schweizer Mehrwertsteuer (MWST) registrieren, falls es in der Schweiz aktiv ist oder Schweizer Kunden hat und zusätzliche Bedingungen erfüllt sind.

Einführung in die MWST-Pflicht von ausländischen Unternehmen

Das Schweizer Mehrwertsteuergesetz (MWSTG) definiert unter welchen Umständen eine ausländische Unternehmung mehrwertsteuerpflichtig ist. Ein MWST-pflichtiges Unternehmen muss sich bei der MWST-Behörde registrieren (Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV).

Einfach gesagt, ein ausländisches Unternehmen muss sich für Schweizer MWST registrieren, falls

  • ein oder mehrere der folgenden Punkte zutreffen:
    • Es verkauft Güter (Lieferungen) mit einem Wert von weniger als CHF 64.94 (oder CHF 200) pro Lieferung in die Schweiz und alle Lieferungen zusammen sind mehr als CHF 100'000 pro Jahr
    • oder es verkauft Telekommunikations- oder elektronische Dienstleistungen an Kunden in der Schweiz, wobei die Kunden nicht selbst für die MWST-registriert sind (Privatkunden, einige Geschäftsunternehmen)
    • oder es hat eine Betriebsstätte oder etwas ähnliches in der Schweiz
    • oder es physisch, auch nur kurzfristig, in der Schweiz präsent ist mit Personen oder Anlagen (abhängig von den genauen Umständen)
  • und es einen weltweiten Umsatz von mehr als CHF 100'000 hat.

Das obere ist aber eine Vereinfachung und führt in einigen Fällen zu falschen Resultaten. Es ist im Detail entscheidend, was genau verkauft wird in der Schweiz und in geringerem Umfang auch weltweit. Im Folgenden wird nun hergeleitet, wie die Frage korrekt im Detail gemäss Gesetz beantwortet wird.

Falls der Leser es selbst aus dem Gesetz herausarbeiten möchte oder mehr Details benötigt, so ist das MWST-Gesetz hier erhältlich.

Ein ausländisches Unternehmen muss sich für die Schweizer Mehrwertsteuer registrieren, falls Check 1 unten zutrifft und weder Check 2 oder Check 3 zutreffen (es also keine Ausnahme gibt durch Check 2 oder 3).

Check 1: Bezug zur Schweiz

Ein Unternehmen (unabhängig von Rechtsform, Zweck und Gewinnabsicht) muss haben:

  • Umsatz mit "Ort der Leistung in der Schweiz" (vgl. gleich unten),
  • oder Sitz, Wohnsitz oder Betriebsstätte in der Schweiz 1.

Falls keines von beidem der Fall ist, ist das Unternehmen nicht mehrwertsteuerpflichtig.

Um Umsatz mit Ort der Leistung in der Schweiz zu haben, muss ein Unternehmen Kunden in der Schweiz haben oder Leistungen erbringen, die in irgendeiner Weise einen Bezug zur Schweiz haben. Aber nicht jeder Kunde in der Schweiz führt zu Umsatz mit "Ort der Leistung in der Schweiz".

Grundsätzlich sind bei jeder Transaktion zwei Orte involviert: Der Ort wo die Lieferungen oder Dienstleistungen herkommen und der Ort, wo der Kunde ist. Das MWST-Gesetz definiert, welcher der zwei Orte als "Ort der Leistung" gilt für Lieferungen (Güter) in Artikel 7 und für Dienstleistungen in Artikel 8. Es sei hier anzumerken, dass dieser "Ort der Lieferung" eine künstliche Definition im Mehrwertsteuergesetz ist und oft nicht intuitiv.

Im Mehrwertsteuergesetz gibt es den Begriff "Leistungen"2. Eine Leistung ist entweder eine Lieferung (hauptsächlich Gegenstände, Güter) oder eine Dienstleistung.

Ort der Leistung für Lieferungen (Güter) (MWSTG Art. 7)

  • Als Ort einer Lieferung gilt der Ort, an dem: 3:
    1. "sich der Gegenstand zum Zeitpunkt der Verschaffung der Befähigung, über ihn wirtschaftlich zu verfügen, der Ablieferung oder der Überlassung zum Gebrauch oder zur Nutzung befindet;"
      Beispiel: Ein Unternehmen sendet Güter in die Schweiz und führt in der Schweiz noch Arbeiten daran aus, bevor es dem Kunden übergeben wird (bedeutende Anpassung, Installationsarbeiten). Der Ort der Leistung ist in der Schweiz.
    2. "die Beförderung oder Versendung des Gegenstandes zum Abnehmer oder zur Abnehmerin oder in dessen oder deren Auftrag zu einer Drittperson beginnt."
      Beispiel: Ein Unternehmen sendet Güter in die Schweiz auf Anweisung des Kunden und nichts weiter, dann ist der Ort der Leistung am Ausgangsort der Versendung, also im Ausland.
  • Daraus ergibt sich, dass ein Unternehmen, das nur Gegenstände in die Schweiz sendet, nicht MWST-pflichtig wird in der Schweiz. Die Begründung dazu ist, dass es keine Lieferungen mit Ort in der Schweiz gibt. Es gibt eine Ausnahme für viele kleine Lieferungen: Siehe Versandhandel unten.
  • Weitere Ausnahmen existieren für Elektrizität, Gas und Fernwärme.

Ort der Leistung für Dienstleitungen (MWSTG Art. 8)

  • Als allgemeine Regel gilt, dass der Ort der Dienstleitung am Ort des Empfängers ist (Art. 8 par. 1). Das bedeutet, dass die meisten Dienstleitungen, die aus dem Ausland erbracht werden, ihren Ort der Lieferung in der Schweiz haben. Es gibt aber einige Ausnahmen im Paragraph 2 von Artikel 8.
  • Die Ausnahmen in Paragraph 2 beinhalten Dienstleistungen, die in Person erbracht werden (z.B. Coiffeur, Hotellerie, Personentransport usw.) und weitere Spezialfälle. Der Paragraph 2 sagt oft, dass der Ort der Dienstleistung dort sei, wo die herstellende Person sich befindet. Eine bedeutende Ausnahme gilt für Grundstücke in der Schweiz, wo als Ort der Dienstleistung immer die Schweiz gilt, bei allem was mit diesem Grundstück zu tun hat (z.B. eine Firma in Österreich lässt den Bau eines Hauses auf einem Schweizer Grundstück planen und beauftragt dazu einen Architekten in Deutschland).

Es sei hier angemerkt, dass die Unterscheidung was eine Lieferung und was eine Dienstleistung nach Schweizerischem Mehrwertsteuergesetz, nicht immer deckungsgleich mit den Mehrwertsteuergesetzen anderer Länder ist. Es gibt zum Beispiel Unterschiede bei der Behandlung von Installationsleistungen bei importierten Gütern, Mietverträgen usw.

Check 2: Grösse der Unternehmung gemessen am Umsatz

Ein Unternehmen ist nicht mehrwertsteuerpflichtig falls der weltweite Umsatz unterhalb von CHF 100'000 ist, nachdem alle Umsätze abgezogen wurden, welche als von der Steuer ausgenommen aufgelistet sind in MWSTG Artikel 214.

Dieser Artikel 21 enthält eine lange Liste von steuerausgenommenen Leistungen (z.B. einige medizinische Leistungen, Finanzdienstleistungen usw.). Die meisten Leistungen sind nicht von der Steuer ausgenommen, der Artikel 21 zählt die Ausnahmen. Nichtsdestotrotz ist die Liste lang. Es gibt auch noch andere steuerfreie Leistungen im Mehrwertsteuergesetz, aber für diesen Check ist nur Artikel 21 relevant.

Falls der weltweite Umsatz unterhalb von CHF 100'000 ist, dann ist der Umsatz nach Abzug irgendwelcher Beträge immer noch kleiner als CHF 100'000. Dies würde bedeuten, dass das Unternehmen nicht mehrwertsteuerpflichtig ist.

Falls der weltweite Umsatz höher ist als CHF 100'000, so ist die Mehrwertsteuerpflicht davon abhängig, um welche Art von Umsätzen es sich handelt.

Check 3: Art der Umsätze mit Ort der Leistung in der Schweiz

Für diesen Check ist nur Umsatz mit "Ort der Lieferung" in der Schweiz relevant. Dabei ist beides relevant, ob es nun Lieferungen oder Dienstleistungen sind.

Ein ausländisches Unternehmen ist nicht mehrwertsteuerpflichtig, falls ausnahmslos aller Umsatz mit Ort der Leistung in der Schweiz zu einer oder mehrerer der folgend aufgelisteten Kategorien gehört5.

Die Kategorien sind:

  • Von der Steuer ausgenommene Umsätze aufgelistet in MWSTG Artikel 216
  • Von der Steuer befreite Umsätze gemäss MWSTG Artikel 23. Dies ist nicht dasselbe wie Artikel 21 oben, da ausgenommene (Art. 21) und befreite (Art. 23) Umsätze im Mehrwertsteuergesetz nicht das gleiche sind. Artikel 23 (befreite Umsätze) enthält eine Auflistung von vielen Umsätzen, die einen Zusammenhang mit Export von Lieferungen und Dienstleistungen aus der Schweiz ins Ausland haben.
  • Umsätze von Dienstleistungen welche:
    • ihren Ort der Dienstleistung in der Schweiz haben gemäss Artikel 8 Paragraph 1 (vergleiche oben). Das bedeutet, dass alle diese Umsätze an Schweizer Kunden nicht als Ausnahme in Artikel 8 Paragraph 2 aufgeführt sind.
    • UND es handelt sich nicht um Telekommunikations- oder elektronische Dienstleistungen an nicht selbst mehrwertsteuerpflichtige Empfänger und Empfängerinnen erbringt in der Schweiz (Privatpersonen, einige Unternehmen).
  • Lieferung von Elektrizität in Leitungen, Gas über das Erdgasverteilnetz und Fernwärme an steuerpflichtige Personen in der Schweiz.

Diese Bedingung ist eher kompliziert. Sie kann nur zuverlässig beantwortet werden indem jede Art von Schweizer Umsatz eines Unternehmens durchgegangen wird und sichergestellt wird, dass auch jeder Umsatz wirklich zu einer der oberen Kategorien gehört. Falls ein Umsatz gefunden wird, der nicht zur oberen Liste gehört, dann wird das Unternehmen in der Schweiz mehrwertsteuerpflichtig, solange die anderen Bedingungen auch erfüllt sind. Der betroffene Umsatz ist vermutlich auch gleich steuerbar.

Wenn die Umsätze eines Unternehmens mit der oberen Liste verglichen werden, muss oft weitergehende Literatur konsultiert werden, da das Mehrwertsteuergesetz Raum für Interpretation lässt. Zum Beispiel, was zählt zu den Telekommunikations- oder elektronische Dienstleistungen (erwähnt oben)?

Zusätzliche Literaturquellen beinhalten:

  • Die Mehrwertsteuerverordnung (MWTV)
  • Die MWST-Webpublikationen, eine Sammlung von Verwaltungspraxis der MWST-Behörde (MWST-Webpublikationen)

Insbesondere die umfangreichen MWST-Webpublikationen mit ihren langen und detaillierten Diskussionen zu spezifischen Fällen und Branchen, sind hilfreich dabei zu einer Entscheidung zu gelangen. Und falls die Frage immer noch nicht ausreichend geklärt ist, dann kann auch bei MWST-Behörde nach ihrer Meinung gefragt werden oder sogar ein Steuerruling im Voraus eingeholt werden.

Freiwillige Unterstellung unter MWST

Falls ein Unternehmen nicht zwingend mehrwertsteuerpflichtig ist, aber sein will, dann besteht diese Möglichkeit zur freiwilligen Unterstellung (Optierung) in einigen Fällen. Der Vorteil einer freiwilligen Mehrwertsteuerunterstellung kann sein, dass Vorsteuer zurückgefordert werden kann. Ein anderer Vorteil kann sein, dass es administrativ einfacher für das Unternehmen oder seine Kunden ist.

Steuervertretung für die MWST

Ein ausländisches Unternehmen, das in der Schweiz MWST-pflichtig ist, muss in der Schweiz einen Steuervertreter für die MWST ernennen7.
Das ausländische Unternehmen kann sich selbst repräsentieren, falls es eine Betriebsstätte oder festes Büro in der Schweiz hat, oder es kann eine andere Person ernennen (Unternehmen oder Privatperson).

Spezialfall Versandhandel

Unternehmen, inklusive Versandhandel, die Güter in die Schweiz versenden, sind nicht mehrwertsteuerpflichtig solange die Sendungen wertvoller sind als ein bestimmter Betrag.

Der Grenzwert ist ein MWST-Steuerbetrag von CHF 58. Beim aktuellen Steuersatz von 7.7% entspricht dies CHF 64.94 (ohne Steuern, aber inklusive Versandkosten). Zum reduzierten Satz von 2.5% (Lebensmittel usw.) entspricht es CHF 200.00 und beim Spezialsatz von 3.8% entspricht es CHF 131.58 (Hotellerie, unwahrscheinlicher Fall hier).

Die Pakete oberhalb dieses Betrages sollten im normalen Importprozess vom Schweizer Zoll mit Importmehrwertsteuer belastet werden, wenn sie die Grenze überschreiten. Diese Steuer wird üblicherweise vom Empfänger bezahlt. Der Ort der Leistung für solche Lieferungen ist gemäss Gesetz im Ausland9.

Lieferungen unterhalb dieser Grössen, werden nicht mit Importmehrwertsteuern belegt, wenn sie die Grenze passieren. Die Begründung dazu ist, dass es im Verhältnis zu den Steuereinnahmen ein unverhältnismässig grosser administrativer Aufwand wäre. Schickt aber ein Unternehmen viele solcher kleinen Lieferungen in die Schweiz mit einem Gesamtwert von mehr als CHF 100'000 in einem Jahr, dann werden diese Lieferungen mehrwertsteuerpflichtig. Der Ort der Leistung ist nun als in der Schweiz definiert per Gesetz10.

Sollte der Ort der Leistung nicht unabhängig sein vom Wert der Lieferung? Intuitiv ja, aber das Gesetz regelt es anders in diesem Fall.

Mehr Informationen

Mehr Informationen sind auffindbar unter estv.admin.ch.

Unsere Dienstleistungen

Falls Sie Fragen haben, dürfen Sie uns gerne kontaktieren.

Wir offerieren anfängliche MWST-Beratung, MWST-Steuervertretung in der Schweiz, sowie ausfüllen der (vierteljährlichen) MWST-Deklarationen.

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Veröffentlicht:
Zuletzt geändert:
Autor: Raffael Neeser







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Quellenverzeichnis

1
MWSTG, Art. 10

2
MWSTG Art. 3

3
MWSTG Art. 77

4
MWSTG Art. 10

5
MWSTG Art. 10

6
gemäss MWSTV (Mehrwertsteuerverordnung), Art. 121a

7
MWSTG Art. 67

8
Verordnung des EFD über die steuerbefreite Einfuhr von Gegenständen in kleinen Mengen, von unbedeutendem Wert oder mit geringfügigem Steuerbetrag, Art. 1

9
MWSTG, Art. 7

10
MWSTG, Art. 7

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